Gehts der Subversion gut,
gehts allen gut – für eine neue AVV
Lange Zeit übte die monatlich stattfindende Autonome Vollversammlung (AVV) die Rolle als Raum fürs Netzwerken, Kampagnenschmieden und Anlaufpunkt für Organisierung aus. Aus ihr gingen autonome Großkampagnen wie die Wir-bleiben-alle-Kampagne oder Squat Tempelhof hervor. Viele der zugezogenen linksradikalen Sympathieträger*innen nutzten die AVV, als erste Station, um sich in Berlin zu informieren und zu organisieren. Mit der weitestgehenden Zerschlagung und Auflösung der autonomen Szene Berlins verschwanden auch wichtige Strukturen wie die AVV. Heute sind viele von uns eher sprachlos, wenn sie gefragt werden, welche offenen Anlaufpunkte es in der Stadt gibt, die niedrigschwellig sind oder aber welche Gruppe derzeit in Spandau oder Pankow aktiv sind. Zugegebenermaßen hatte auch die AVV eine Schwelle, die es zu übertreten galt und bei weiten nicht alle Gruppen nutzten die AVV. Es zeichneten sich auch schon früher die »Cool-Kids-Dynamiken« ab und erschwerten einigen das Ankommen (und Bewegen) in einer Berliner linksradikalen Szene. Aber mensch musste nicht erst die richtigen Leute kennen, um eine AVV zu besuchen und Anschluss zu finden. Für viele Gruppen und Kampagnen stellte die AVV zudem einen Raum dar, um über die öffentlichen Aktivitäten der anderen im Bilde zu sein, sich abzusprechen und zu koordinieren. Einen solchen Raum vermissen wir nun schon seit einiger Zeit schmerzlich. Aus dem Grund haben sich einige zusammengetan um das Projekt einer Autonomen Vollversammlung zurück in unser Leben zu holen. Wir betrachten es als einen gewagten Versuch in Zeiten von SocialMedia, Fragmentierung und Bewegungsmanagment, glauben jedoch, dass es eine Qualität darstellt, sich einmal im Monat zu treffen, sich auszutauschen und sich kennenzulernen. Rückfragen zu Kampagnen und öffentlichen Aktionen direkt zu stellen und nicht den Datenanalyst*innen der Kommentarspalten zuzuspielen. Selbstverständlich muss darauf hingewiesen werden, dass die AVV
nie ein sicherer Ort war und Bullen oder Zuträger*innen auch damals immer mit im Raum saßen (wie wahrscheinlich in den meisten Gruppen – oder wann war die letzte Enttarnung?). Auch künftig können wir eine solche Sicherheit nicht gewährleisten. Das heißt, dass die AVV ein Ort sein kann um über öffentliche Aktionen und Kampagnen zu sprechen und zu diskutieren, aber (soviel sollte eh für alle Orte und Zusammenhänge klar sein) kein Ort um über nächtliche Aktionen zu sprechen – auch wenn sie tagsüber stattfinden.
Wir planen die 1. Autonome Vollversammlung am 06. Juni 19 Uhr im New Yorck stattfinden zu lassen. Die AVV wird monatlich stattfinden und in den ersten sechs Monaten wird sie von uns »begleitet«. Das heißt, wir geben anfangs ein kleines Intro, was die Idee einer AVV ist bzw. war und laden explizit Kampagnen und Gruppen ein, die sich bzw. ihre Kampagne vorstellen. Perspektivisch soll die AVV wieder ein selbstorganisierter linksradikaler Ort sein.
Das heißt, ihr seid für die Gestaltung und den Inhalt der Versammlung selbst verantwortlich. Niemand wird euch zurufen, dass ihr da oder dort ganz richtig seid oder eure Kritik oder Ideen von den Augen ablesen. Wir fühlen uns also der »klassischen« autonomen Organisierung verbunden. Nebenbei heißt das selbstverständlich, dass sämtliche Parteien
nicht erwünscht sind. Sollte es kein Feedback geben und wir sitzen im Dezember zu dritt oder viert im Raum oder wir treffen uns sechsmal, um gemeinsam zu schweigen, erklären wir den Versuch für gescheitert und müssen einsehen, dass der heutige Ort für Debatten und Diskussionen die Kommentarspalten oder die WG-Küche ist (und rätseln weiterhin welche Orte heute für Vernetzungen und Kennenlernen bestimmt sind). Es liegt also an uns, ob wir das brennende Bedürfnis nach linksradikaler Vernetzung und einer widerständigen Stadt haben und teilen oder halt nicht.
New Yorck im Bethanien
Mariannenplatz 2A
10997 Berlin
Deutschland